Eine musikalische Zeitreise

 



Heute wird es endlich mal musikalisch auf meinem Blog. Während es bei meinem Freund Andreas und dem lieben Markus eher um technische Spielereien geht, kommen hier nun auch die Noten zum Zuge. In diesem Sinne darf ich bitten, auf geht es zur „musikalischen Zeitreise“.


Musik ist Balsam für die Seele, und es gibt wohl kaum einen Menschen, der ganz ohne sie leben mag. Wenn ich mich an meine Kindheit zurückerinnere, dann lief im Hause meiner Eltern fast immer das Radio. Alt war das und aus einer längst vergangenen Zeit, aber es hatte einen wahnsinnig guten, vollen und kräftigen Klang. Es stand bei uns auf dem Küchenschrank und beschallte uns fast immer, wenn wir dort beim Essen waren. Entweder lief Radio Bremen 1 oder der Militärsender der Amerikaner, AFN, der deutlich flotter, schneller und moderner daher kam.

Eines der ersten Lieder, an das ich mich erinnern kann und das sich tief in mein Herz gebrannt hat, stammt von Patrick Hernandez. Es heißt „Born to be alive“ und ist wahrscheinlich einer der größten Discokracher überhaupt. Ich liebe diesen Titel bis heute und gebe zu, ich brauche ihn laut. Eine besondere Erinnerung an ihn verbinde ich mit der winzigen Kirmes gegenüber unserer Wohnung. Als ich klein war, gab es auf dem „Neumarkt“ in „Geestemünde“, wo wir lebten, noch einen kleinen Freimarkt mit vielen Buden, einer Schiffschaukel, dem Autoscooter und einem „Musik Express“. Letzterer hieß einst „Berg & Talbahn“ und war das Lieblingskarussell meiner Mutter. Also fuhren wir damit und die Stimmung war wirklich jedes Mal klasse. Besonders schön fand ich es, wenn des Abends die Lichter angingen und dann, im Rausch der Geschwindigkeit, „Born to be alive“, es war herrlich.

Ich hätte mich wohlgefühlt im legendären Studio 52 in New York, wo die Discobewegung einst ihren Höhepunkt fand. Als Kind war ich aber auch schon froh, wenn mein Vater mich des Morgens beim Frühstück zu sich holte und fragte, „weißt du, was heute Abend kommt?“. Nein, woher sollte ich? Mein Vater aber lachte nur und flüsterte mir ins Ohr, Ilja Richter. Er und seine „Disco“ waren Kult bei uns daheim und mich faszinierte diese Sendung sehr, denn sie zeigte etwas, was man woanders nicht sah und auch nie mehr sehen sollte, ganz normale Menschen tanzten und die Stars saßen im Publikum. So etwas kenne ich heute nur aus Griechenland. Oh, war das cool, wenn es plötzlich hieß „Everbody is a winner“ oder „YMCA“.

Meine Mutter konnte allerdings nur wenig mit all dem anfangen. Sie mochte es lieber ruhiger und etwas mehr für das Herz. Ein gewisser „Bino“ kam ihr da gerade recht. Der turnte Ende der 70er Jahre durch die Hitparaden dieser Welt und hatte einen Hit mit einem denkwürdigen Titel namens „Mama Leone“. Das Lustige war, ich sang diesen Song jedes Mal mit, hatte aber schon damals, wie soll ich sagen, gewisse Textprobleme. Mein Freund Andreas wird wissen, was ich meine und wovon ich hier rede. Bei mir hieß der Refrain dann folglich auch „Mama ohne“, was meine Eltern jedes Mal zum Lachen brachte.

Regelrecht ergriffen wirkte meine Mutter allerdings, wenn sie die kleine Schallplatte aus der Hülle nahm und dann Gigliola Cinquetti erklang. Die hatte mit ihrer jungen Stimme von gerade einmal 16 Jahren zuerst das Musikfestival von San Remo und anschließend den Grand Prix de la Chanson gewonnen. Ihr „Non Ho Non Ho L’Età“ gehört bis heute zu den großen Hymnen des ESC und ist, wenn ihr mich fragt, ein echter Genuss für die Ohren.

Doch über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. 

Mein Vater hörte neben internationaler und deutscher Musik natürlich auch jene aus seiner Heimat und die stellte viele vor Rätsel, sowohl musikalisch als auch sprachlich. Wer auf den schnellen und melodischen Sirtaki des Alexis Zorbas hoffte, der wurde hier bös, enttäuscht und eines Besseren belehrt. Oft klagte meine Oma über die so fremden Klänge im Auto und sie kommentierte diese mit den Worten, wonach die Sängerinnen und Sänger jawohl furchtbares Bauchweh hätten. Mein Vater aber reagierte darauf immer nur gleich, indem er dann die Musik einfach noch lauter drehte. Man muss eben auch mal ein Statement setzen. Aber nun gut. 

Während meine Mama und ihre Mutter die Augen verdrehten, ging ich in der griechischen Musik regelrecht auf. Man kann auch sagen, ich verliebte mich in sie. Von meinem Onkel empfohlen und von meinem Vater geliebt, ein gewisser Sänger mit dem Namen Stratos Dionisiou. Bis heute ist er einer der meistgehörten und bekanntesten Musiker Griechenlands. Leider verstarb er bereits 1990. Aber sein Anthologia, bestehend aus vier CDs, ist mit Sicherheit das Beste, was Griechenland zu bieten hat. Jeder Titel darauf war und ist ein Hit. So auch der von mir geliebte Song: „Gyrise konta mou“. So schön, so weich, so warm und so berührend.

Der Berg an griechischen Musikkassetten erhöhte sich mit jeder Reise nach Athen. Schwierig war nur, herauszufinden, wen man denn da jetzt wirklich hörte. Schon Anfang der 80er Jahre hatte man in Griechenland nämlich Spaß und Freude daran gefunden, teure Alben und Musiksammlungen einfach zu kopieren. So sahen die Tonbänder meines Vaters alle gleich aus und lediglich der Hinweis „GR“ machte darauf aufmerksam, dass es sich um etwas Griechisches drehte.

Auf einer dieser Kassetten fand sich so dann auch ein für mich äußerst spannender Song. Am Anfang eine Eisenbahn, dann moderne Discoklänge und im Refrain eine wahnsinnig orientalische Melodie, mit dem popig-griechischen Sound einer jungen Sängerin. Das Teil war einfach nur der Hammer. Damit ich den Song schnell und einfach wiederfand, markierte ich die Hülle der Kassette heimlich mit einem kleinen Kreuz. So war das damals. Erst Jahre später sollte ich herausfinden, dass das Lied „Terma Ta Parapona“ hieß und von Litsa Diamanti stammte. Die hatte ihren letzten großen Hit im Jahre 2003. Aber an „Terma Ta Parapona“ kam und kommt bis heute nichts für mich heran.

Zurück zur internationalen Musik. Anfang der 80er Jahre stürmte ein Mann aus Österreich weltweit die Charts. Sein Name, Falco und sein Lied, „Rock Amadeus“. Ich fand es toll, meine Eltern „einfach nur furchtbar“. Und so trennte sich künftig mehr und mehr unser Geschmack. Bei Peter Schilling und seinem „Major Tom“ gingen sie noch mit, bei „Okay“ von Ok stiegen sie freiwillig und nur zu gerne aus. Ok, war ein echtes Meisterwerk und für die 80er Jahre wie ein Lied aus einer anderen Zeit. Gesang gab es nur wenig, dafür aber zahlreiche Tonschnipsel, die noch von Hand aneinandergelegt wurden. So etwas gab es bis dahin noch nie und jetzt, urplötzlich, war es da. Bis heute fasziniert mich das Lied und ich denke, es wird sich auch nicht mehr ändern.

Ja und dann fuhren wir mit der Schulklasse nach Hamburg. Ich erinnere mich noch genau an diese Fahrt, denn ich kaufte mir auf dieser ein Doppelalbum der legendären Tina Turner. „Live“ hieß es und es war, als hielt ich Musik von einem anderen Stern in meiner Hand. Was die Frau da auf der Bühne gab und wie sie sang, das war so großartig und so klasse. Bis heute habe ich Gänsehaut, wenn ich ihre Version von „I can´t stand the rain“ höre. Was für eine Musik, welch eine Stimme und was für ein geiler Sound. Einfach nur der Hammer.

Ja und damit endet dann auch schon der erste Teil meiner kleinen Zeitreise. Übrigens, da ich es gerade verwendet und hier geschrieben habe, das Wort „geil“ ist auch eine kleine Anekdote wert. Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich eines Tages aus der Schule kam und ganz begeistert von diesem kleinen Adjektiv war. Ich war so angetan davon, dass ich alles, was ich sah, mit diesem Wort belegte, sogar meine Mutter, was einen furchtbaren Schlag auf meine Finger zur Folge hatte. Es war das erste und das letzte Mal, dass ich meine Mutter als ....

In diesem Sinne folgt Fortsetzung.

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