Mein Funkwelt


In der neuen Kategorie, „Meine Funkwelt“, möchte ich euch ab sofort, jeden Mittwoch, von meinem Hobby rund um das Funken erzählen. Den Anfang soll das dabei ein ganz besonderes Radio machen, mit dem vor allem mein Vater und ich viele Jahre Freude und jede Menge Spaß hatten. Was es damit auf sich hat, dass verrate ich euch jetzt.

Radio – heute eine Selbstverständlichkeit und absolut kein Highlight mehr. Dank Internet können wir Stationen aus der ganzen Welt empfangen und das in bester Tonqualität. Noch vor einigen Jahren sieht das allerdings anders aus.

Wer in den 90ern Sender aus dem Ausland hören möchte, der braucht dafür ein spezielles Radio, einen sogenannten Weltempfänger. Der verfügt neben UKW, Lang- und Mittel-, nämlich auch über Kurzwelle und auf dieser strahlen weltweit Radiostationen ihre Programme aus.

Es geht dabei allerdings weniger um Musik und Unterhaltung, als um Informationen. Sinn und Zweck der verschiedenen Dienste ist es, die eigenen Bürger im Ausland mit Nachrichten aus der Heimat zu versorgen.

Zu den größten Stationen dieser Art zählen in Europa die berühmte BBC aus England und in Übersee die VoA, die „Voice of America“, von vielen auch „die Stimme der Freiheit“ gennant wird. Das deutsche Auslandsprogramm kommt von der „Deutschen Welle“ die damals noch ihren Sitz in Köln hat.

Nahezu alle Stationen senden mehrmals am Tag, zu unterschiedlichen Uhrzeiten, auf verschiedenen Frequenzen und in diversen Sprachen. Damit sie frühzeitig vom Hörer erkannt werden, verfügen sie über eine eigene musikalische Kennung, die bereits Minuten vor dem eigentlich Sendebeginn ausgestrahlt wird. So können die Menschen an ihren Empfängern ihre Antennen bestmöglich ausrichten. Es ist eine verrückte, aber für Radio-Enthusiasten, wirklich faszinierende Zeit.

Als mein Vater zum ersten Mal mit mir gemeinsam vor so einem Weltempfänger sitzt, kommt dieser aus dem Hause „Elta“, kostet nicht einmal 20 DM und ist äußerst einfach gebaut. Doch er reicht aus, um meinem Papa Tränen in die Augen zu treiben, denn als er urplötzlich das seltsamen Geräusch von Ziegenglocken und orientalische Noten hört, ruft er völlig außer sich: „Da, da die Griechen, das ist Griechenland“.

Tatsächlich besteht die Senderkennung der „Stimme Griechenlands“ (ERA – The voice auf Greece) aus dem Läuten dieser speziellen Glocken. „Radio Athen“ sendet damals auf 11.595 khz und der Anfang jeder Ausstrahlung ist gleich. Erst die Senderkennung, dann eine männlich Stimme die sagt: „Edo Athina, i foni tis elladas“ („Hier ist Athen, die Stimme Griechenlands“), anschließend erklingt das ganze nochmal auf englisch und direkt im Anschluss folgt die griechische Nationalhynme, die mein Vater nun jedes Mal mitsingt. Verrückt.




Kurzwellen-Kennung der ERA (Stimme Griechenlands)


Kurzwelle - Faszination pur


Die Kurzwelle fasziniert und begeistert mich. Neben den internationalen Radiostationen, sind auf ihr auch noch viele andere, äußerst spannende Dienste aktiv, alle voran der weltweite Amateurfunk. Ihn hörbar zu machen ist allerdings etwas komplizierter, denn für ihn wird eine zusätzliche Modulationsart benötigt. Verfügen normale Radios über AM und FM, so braucht es für den Amateurfunk zusätzlich noch das Single-Side-Band kurz SSB, was im Betrieb wieder in LSB und USB unterschieden wird.

Ganz schön exotisch.

Ja und weil das so exotisch ist, kosten gute Kurzwellenempfänger auch richtig Geld. Da reichen die 20 DM von einst nichtmal mehr für die Antenne. Es gibt aber durchaus auch schon günstige Reiseradios, die hier hervorragende Ergebnisse liefern, allen voran der RF-B45 von Panasonic. Ein guter Funkfreund und Nachbar hat ihn sich zugelegt und, er ist völlig begeistert, von dem was er mit dem kleinen Gerät alles hören kann.

Ich entdeckte ihn im Jahre 1996 zufällig in einem Elektromarkt und muss ihn unbedingt ebenfalls haben. Mit 299 DM ist er allerdings auch nicht gerade billig und meine Mutter wimmelt meinen Wunsch erstmal ab. Dann jedoch fällt ihr auf, dass das ausgestellte Model runtergesetzt ist, weil es das letzte noch vorhandene ist und letztlich bekomme ich es so für über 100 DM günstiger.

Ein Traum wird wahr.





Der RF-B45 ist ein analoger Empfänger mit digitalem Display. Er verfügt über UKW, Lang-, Mittel- und Kurzwelle. Letztere schafft er komplett lückenlos. Frequenzen lassen sich direkt eingeben. Die Stromversorgung kann über Batterie oder Netzteil erfolgen. SSB ist natürlich auch vorhanden.

Als ich ihn aber daheim zum ersten Mal ausprobiere bin ich tief enttäuscht. Ich höre zwar einige Radiosender, jedoch keinen Amateurfunk. Das ärgert mich, denn dafür habe ich ihn mir doch eigentlich gekauft. Zum Glück wohnt mein Funkfreund und Nachbar, der liebe Jochen (DE1JRB), nur eine Etage tiefer, so dass er mir direkt helfen kann. Es dauert keine zwei Minuten und er steht bei mir mit einem breiten Grinsen vor der Tür. Er nimmt mein Radio zur Hand und wechselt auf der Seite einen Schalter von normal auf DX. (Ich weiß, ich und die Schalter!) Sofort erwachen die Amateurfunkbänder zum Leben. Auf 7.085 khz ruft eine englische Station, auf 7.055 khz hört man eine Funker aus Bayern, der davon berichtet, dass er sich eine neue Antenne gebaut hat und diese gerade ausprobiert.

Ich weiß nicht, ob ihr euch das als „Nicht-Funker“ vorstellen könnt, aber wenn man urplötzlich über so einen Empfänger verfügt, dann ist das, als erschließe sich einem eine ganz neue Welt und es ist wahrscheinlich auch deshalb so, dass ich mich an all das noch genau und bis ins kleinste Details erinnern kann.

Heute ist es einfach, Musik und Nachrichten aus Griechenland zu empfangen. Moderne Apps machen es möglich. Sogar Fernsehen ist über das Internet kein Problem mehr. Aber damals. Jeder fremde Sender ist eine wahre Freude und jeder neue Funker das pure Glück für mich.


Die Kurzwelle ist mehr als Radio und Amateurfunk


Über die Jahre lerne ich die Kurzwelle mehr und mehr zu verstehen. Es gibt dort drei verschiedene Arten von Sendern: Das internationale Radio, den weltweiten Amateurfunk und sogenannte, nicht öffentliche Radiodienste zu dem der Flug- und auch der Seefunk gehören, aber ebenso militärische und verschlüsselte Ausstrahlungen. Wie gesagt, Internet und Co. sind damals noch die Zukunftsmusik von morgen.

Zurück zu meinem Vater. Er sitzt in der Küche und liest in seiner Zeitung, als ich eines Tages auf der Frequenz 8.735 khz in LSB eine griechische Station höre. ATHINAI RADIO heißt sie und es melden sich bei ihr Seeleute, die gerne nach Hause telefonieren möchten. Es dauert dann einen kurzen Moment und wenig später hört man das Freizeichen eines Telefons. Wie ein Irrer stürme und renne ich mit meinem Radio in die Küche und mein Papa kann gar nicht glauben, was er da hört.

ATHINAI RADIO ist damals eine der wichtigsten Seefunkstationen in Griechenland und ihr deutsches Gegenstück ist das legendäre und weltweit berühmte, "Norddeich-Radio". Stationen wie sie ermöglichen seit den frühen 50er Jahren die Kommunikation zwischen Schiffen und dem Festland. Unglaublich, dass man das auf einem so kleinen Radio irgendwo in Bremerhaven hören und mitverfolgen kann.

Interessant ist aber auch die die Frequenz 5.505 khz. Hier sendet eine Station mit dem Namen „Shannon“. Sie ist die größte Flugfunkstation zwischen Europa und den Vereinigten Staaten. Auf der hier genannten Frequenz sendet sie permanente Wetterinformationen und das bis heute. Man kann sich ihren Empfang sogar mit einer Postkarte bestätigen lassen. Verrückt oder?



Ausstrahlung der Shannon-Volmet auf 5.505 khz


Lang ist all das her. Vieles von dem, was ich hier erwähnt habe, gibt es nicht mehr. Der letzte Funkspruch von ATHINAI RADIO liegt Jahre zurück. Der Amateurfunk existiert jedoch immer noch und  das absolut zurecht. Man kann ihn heute sogar über das Internet empfangen. Wie das funktioniert, verrate ich euch allerdings erst in einem weiteren Artikel. 

Aber ich denke gerne an die gute und alte Zeit zurück. Schön war sie und spannend. Kein Wunder also, dass mir mein Herz lacht und zeitgleich auch weint, wenn ich heute im Web einen Radiosender aus Athen anschalte. Damals war es ein Abenteuer, noch nie Gehörtes auf den Empfänger zu bringen und meinem Vater ein Stück Heimat nach Bremerhaven zu holen.

Ein lieber Gruß an dieser Stelle an all jene, die den Funk am Leben erhalten, sei es auf Zello im digitalen Bereich oder auf Kurzwelle bei den Amateurfunkern. 

Wusstet ihr eigentlich, dass wir Funker sogar eine eigene Sprache haben? Nein? Dann schließe ich doch einfach mal mit den Worten und Zahlen:

73, 55 und mit lieben Grüßen an all die wunderbaren XYLs, VYLs und OMs da draußen. Gut DX euch allen! Schön, dass es euch gibt.




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